Graphologie

 

Dass sich Menschen für die Handschrift ihrer Mitmenschen interessieren ist nicht neu. Seit man etwas "zu Papier" bringt, bemerkt man auch die Unterschiede, wie einzelne Schreiber ihre Buchstaben, Ränder, Abstände zwischen den Worten usw. gestalten und macht sich seine Vorstellungen über den Schreiber.

Meinen Einstieg in die Schriftdeutung beschrieb ich einmal so: "...Ich lernte eine Menge Schriftmerkmale kennen, von denen jedes mehrere Bedeutungen hatte, je nachdem... Und damit es nicht zu einfach war, kamen natürlich alle Schriftmerkmale in den verschiedensten Kombinationen in einer Schrift vor. Das Schwierigste aber war das Niveau einer Schrift zu bestimmen."

 

Goethe schrieb in seinen "Tag- und Jahresheften" aus dem Jahr 1809: "...Und so bestärkt sich der Glaube, dass die Handschrift auf den Charakter des Schreibenden und seine jedesmaligen Zustände entschieden hinweise, wenn man auch mehr durch Ahnung als durch klaren Begriff sich und andern davon Rechenschaft geben könne;..."

Mittlerweile hat sich die Graphologie weiterentwickelt. Und aus Ahnung ist Wissen geworden. Ludwig Klages (1872 - 1956) gilt als der Begründer der wissenschaftlichen Graphologie für den deutschen Sprachraum. Er bezeichnete die Handschrift als eine "Ausdrucksspur", als  "ein Ergebnis der persönlichen Schreibbewegung". Sein Buch "Handschrift und Charakter" erschien bereits 1916. Er führte den Begriff des Formniveaus ein, wobei man neben den Einzelmerkmalen, versucht die Schrift auch mit einem ganzheitlichen Blick zu erfassen.

Max Pulver (1889 - 1952), der bereits einen Lehrauftrag für Graphologie an der Universität in Zürich hatte, schrieb ein Werk mit dem Titel: "Symbolik der Handschrift". Er begann tiefenpsychologische Erkenntnisse mit der Handschrift zu verbinden.

Ania Teillard (1889 - 1978) war u. a. Schülerin von Ludwig Klages und Max Pulver. Aber besonders prägend war für sie ihr Studium bei C.G. Jung. In ihrem Hauptwerk "Handschriftendeutung auf tiefenpsychologischer Grundlage" verband sie die Psychologie mit der Graphologie.

Auch meine Graphologie-Lehrerin Ilse Scholl leitete, beeinflusst von diesen ersten Graphologen, ihre "Schule für Graphologie" auf tiefenpsychologischer Basis. Hier schloss ich mein Studium 1982 mit einer Diplomarbeit ab.

Natürlich ist die Erforschung der Graphologie seit dieser Zeit nicht stehen geblieben und die Psychologie nimmt eine immer größere Rolle ein. Allerdings hat die Graphologie etwas an Bedeutung verloren, da durch das Schreiben am Computer die eigene Handschrift bei vielen Menschen vernachlässigt wird.

 

Ich persönlich mache keine graphologischen Gutachten mehr. Ich benutze die Schriftpsychologie in meiner "Praxis für Persönlichkeitsentfaltung" um einen Blick, der sich nicht sofort wieder entzieht, auf die momentane Situation eines Menschen zu erhalten.